Als wir beschlossen unser „Hamsterrad“ (Eigentumswohnung, Personaltrainertätigkeit bei Xavier Naidoo und den Söhnen Mannheims, Streben nach finanzieller Unabhängigkeit) hinter uns zu lassen und mit dem Fahrrad „die Welt“ zu umrunden, war eine Station Australien. Wir fuhren mit dem vollbepackten Mountainbike von Darwin nach Perth. Inklusive der „kleinen Abstecher“ hatten wir in Perth über 5000 km auf dem Tacho. Unser Weg führte uns teilweise durchs Northern Territory, unbesiedelte und hauptsächlich trockene Gebiete in Australiens Inland und an die abgelegenen Küsten Western Autralias. Wir hatten die Strecken teilweise unterschätzt und lernten mit der Zeit, der Mittagshitze durch frühes Losraddeln, teilweise um 3:30 Uhr, zu entkommen und planten die Übernachtungsmöglichkeiten auf den „Campingplätzen“ der Roadhouses, da wir nur begrenzt Wasser auf unseren Fahrrädern mitschleppen konnten. Auf einer Fahrt von Broome landeinwärts und dann Richtung Süden passierte es dann. Das Roadhouse, dass auf der Karte nach gut 120 Kilometern eingezeichnet war, wurde im Jahr zuvor von einem Zyklon, wie die Südhalbkugel und der indische Raum ihre Wirbelstürme nennen, weggefegt. Nun saßen wir da, im Schatten eines Baumes.
Zurück konnten wir nicht, das waren 120 Kilometer. Vorwärts ging aber auch nicht, das waren 180 Kilometer. Wir entschieden uns zu bleiben und per Anhalter zur nächsten Station zu kommen. Leider fuhren an diesem Nachmittag keine Autos von Einheimischen, Trucks hielten so und so nicht und Touristen, die mit ihren Wohnmobilen vorbeifuhren, war die Sache wohl etwas zu heiß, im wahrsten Sinne des Wortes. Wie lange wir da saßen, kann ich beim besten Willen nicht mehr sagen, gefühlt war es eine Ewigkeit. Ich sprang wieder auf, um einem herbeirauschenden Auto, vielmehr dessen Fahrer, unsere Not zu signalisieren. Ich werde diesen Moment mein Leben nicht vergessen. Wie in Zeitlupe trafen sich unsere Blicke. Die dunklen Augen des Aborigines am Steuer seines Pickups schienen mir direkt ins Herz zu schauen. Das war ein Wahnsinnsmoment! Ich möchte nicht behaupten, dass mein Grad der Dehydration nicht auch zu diesem spirituellen Moment beigetragen hat, aber im nächsten Augenblick war der Pickup schon an uns vorbeigeschossen. Ich senkte den Kopf und drehte mich zu meiner Freundin um. An ihrer Körperhaltung konnte ich erkennen, dass etwas Aufregendes passierte, was mir zu entgehen schien. Sie blickte dem Auto hinterher, streckte die Wirbelsäule und hob den Kopf. Mein Blick folgte ihrem und ich konnte die Bremslichter des Pickups Rot aufleuchten sehen. War auch das dem Wassermangel zu Schulden? Die Lichter des Rückwärtsganges leuchteten auf und der Pickup rollte langsam auf uns zu. Auch diesen Moment werde ich nicht vergessen! Versorgt mit Wasser, denn die Australier haben immer eine Kühlbox mit reichlich Wasserflaschen im Auto und etwas unterkühlt wegen der Klima, aber überglücklich saßen wir im Auto und nachdem wir uns unsere berechtigte Lektion von unserem Retter angehört hatten, kamen wir ins Gespräch und er erzählte uns von Musikinstrumenten, die nicht gespielt werden durften, von einer Sprache, die nicht gesprochen werden durfte und das viele seiner Landsleute Alkoholiker seien. Und dann sagte er diesen einen Satz, der auch die Grundlage zu meinem neuen Buch bildete: Es gibt tiefe Quellen in uns und aus ihnen ertönen Klänge und unser Daseinsziel ist es ihnen zuzuhören, von ihnen zu lernen, durch sie zu wachsen!